Mit Ostern ist das so eine Sache. Wenn man glaubt, Auferstehung lässt sich ganz einfach so von einem Virus verhindern, dann hat man sich gründlich getäuscht. Manchmal ereignen sich gerade in Krisenzeiten besondere Osterwunder.
Zwei Projektpartner/innen, Father Cesar Henry und Sr. Smita Parmar, berichten aus zwei sehr unterschiedlichen Regionen Indiens: Assam, wo unzählige Teegärten den berühmten starken Schwarztee erzeugen und Bihar, einer der wohl ärmsten Bundesstaaten Indiens, wo Selbstjustiz und Ausbeutung an der Tagesordnung stehen.
Aschermittwoch

Zu Beginn der Fastenzeit, am Aschermittwoch, hat unsere Jugendgruppe begonnen jeden Tag, wenn ihre Mütter Reis gekocht haben, eine Handvoll zur Seite zu nehmen. Die Idee war den gesammelten Reis nach Ostern an die Armen zu verteilen. Jedes Kind hat über 3kg Reis gesammelt. Dabei leiden die Familien der Jugendgruppe selbst bittere Armut und haben sich den Reis im wahrsten Sinne des Wortes vom Mund absparen müssen. Aber sie waren nicht von der Idee abzubringen. Als hätten sie geahnt was kommt. Nach dem Shut Down hat der Hunger nicht lange auf sich warten lassen. Wir haben jedes Reiskorn für bedürftige Familien gut gebrauchen können. Für unsere Jugendgruppe war es ein wunderschönes Erlebnis für andere da sein zu können, sie haben gelernt, dass auch wenn man wenig hat, Teilen etwas wunderbar Bereicherndes ist.
Palmsonntag

Zu Beginn der Karwoche fuhren wir in ein kleines Dorf um Lebensmittel an die Adivasi, die Indigene Indiens zu verteilen. Die Adivasi werden nach wie vor diskriminiert und zählen zu den ärmsten Bevölkerungsruppen Indiens. 90 Prozent der Adivasi leben unterhalb der Armutsgrenze. Als wir ankamen und ich die vielen Familien sah bemerkte ich, dass ein Großteil von ihnen keine Adivasi waren. Ich wurde zornig und schalt sie, sie sollen weggehen, der Reis und die Linsen sind nicht für sie gedacht, sondern für die Ärmsten der Armen. Da kam eine alte Frau auf mich zu und sagte zu mir: “Pater, wir sind arm, aber wir sind es gewohnt mit wenig auszukommen. Diese Menschen hatten noch vor wenigen Wochen mehr als genug zu essen. Sie wissen nicht, wie man mit dem Hunger umgeht. Deshalb brauchen sie die Lebensmittel dringender als wir. Lass uns geben, wie uns Jesus gelehrt hat zu geben. Ich predige seit vielen Jahren das Evangelium von der Kanzel, sie leben Nächstenliebe.
Father Cesar
Gründonnerstag

Aufgrund des Shut Down durften wir keine Messe feiern. Eine der schönsten christlichen Bräuche, die Fußwaschung wollten wir aber auf keinen Fall auslassen. Wir haben Straßen- und Latrinenreinigerinnen eingeladen. Sie sind die unterste Schicht der Unberührbaren, eine besonders geringgeschätzte Gruppe von Dalits, die die Toiletten händisch reinigen müssen. Meist haben sie keine Schutzkleidung. Ihre Aufgabe gilt als der Niedrigste unter den niedrigen Berufen. Jede der Frauen, der wir die Füße gewaschen haben ist in Tränen ausgebrochen. “Es ist das erste Mal in meinem Leben, dass mir Wärme und Wertschätzung entgegengebracht wird”, hat eine von ihnen gesagt. Uns Schwestern war es eine Ehre ihnen diesen Dienst erweisen zu dürfen. Dieser Gründonnerstag wird uns ewig in Erinnerung bleiben.
Karfreitag

Zeitig in der Früh klopfte eine Frau mit einem weinenden Kind an unsere Tür. Fünf Monate war das Baby alt und es sah schwach und krank aus. Sie hat schon an vielen Türen, um etwas zu essen und Einlass gebeten, aber die Menschen haben ihr aus Angst die Regeln des Shut down zu verletzen nicht aufgemacht und sie abgewiesen. Als wir die Tür öffneten, verstummte das Kind und begann zu lächeln. Es war wie ein Zeichen, dass es gespürt hat, dass seine Mutter jetzt die richtige Tür gefunden hat. Wir baten die kleine Familie herein und gaben ihr zu essen und zu trinken. Die Frau hat vier andere Kinder, ihr Mann arbeitet auswärts und kann wegen der Ausgangssperren nicht zu ihr kommen, und ihr auch kein Geld mehr schicken, weil er keine Arbeit mehr hat. Wir haben sie mit dem Notwendigsten für ein paar Tage versorgt. Sie weiß jetzt, unsere Tür steht Menschen in Not immer offen. Ein Weihnachtserlebnis zu Karfreitag. Was für ein Osterfest.
Ostersonntag

Ich wurde durch ein wildes Hämmern an unserem Eingangstor und lautem Geschrei geweckt: “Ehrwürdige Schwester, mach mir auf!” Ich kannte die Frau schon länger. Immer wieder wurde sie von ihrem Mann geschlagen. Ich habe ihr immer wieder Geschichten von starken Frauen erzählt, die ihre gewalttätigen Männer verlassen haben und ihr Leben von dem Moment an in die eigene Hand genommen haben. Und jetzt stand sie da am Ostermorgen mit ihren beiden Söhnen an der Hand vor meiner Haustür. Ich dankte dem Herrn, dass ich Zeugin dieser Auferstehung sein durfte.
Ich habe diese Ostern gelernt, dass wir keine Moscheen, keine Tempel und keine Kirchen brauchen. Wir können in unseren Herzen viel heiligere Orte errichten und die Kraft des Glaubens und der Hoffnung spüren. Frohe Ostern euch allen.
Sr. Smita Parmar MMS