
Die KOO-Geschäftsführerin Dr. Anja Appel knüpft in ihrem Standpunkt an die Enzyklika Laudato Si an und appelliert an die Verantwortung aller Christinnen und Christen.
In einem weit verbreiteten Reflex tun viele die kommende Synode als Regionalsynode ab. Es ist korrekt, dass sie eine konkrete Region in den Blick nimmt, dies aber als Beispiel, um die päpstlichen Dokumente Evangelii Gaudium und Laudato Si im konkreten Kontext zu verstehen.
Amazonien ist hier paradigmatisch als Region benannt für die vielen anderen auf der Welt, die in einer ähnlichen Situation sind, d.h. in einer Situation, die geprägt ist von ökonomischer Ausbeutung bis hin zu Raubbau, Umweltzerstörung, starke soziale Spannungen zwischen Bevölkerungsgruppen, Diskriminierung und Bedrohung von Minderheiten. Deren Situation ist ein Spiegel für die Dringlichkeit des Wandels, spirituell, sozial, ökologisch und ökonomisch, den Papst Franziskus in Laudato Si einmahnt.
Gefragt sind dabei vor allem wir, die BewohnerInnen der reichen und mächtigen Staaten, die mit ihrem Lebensstil und ihrer Wirtschaftsform, den ökonomischen „Hunger“ nach Ressourcen und Finanzerträgen anfachen.
Die Synode ist als synodaler Prozess bereits ein Weg der Auseinandersetzung und möchte im Oktober ein Ort konkreter Begegnung sein: die Synodenteilnehmer und die Weltkirche sollen sich berühren lassen, von dem und der Anderen und den jeweiligen Lebens- und Glaubensrealitäten, ihren Zugängen Gott und zur Schöpfung. Aus dieser Begegnung heraus soll Bewegung entstehen, Bewegung hin zu einer ökologischen und transformierenden Spiritualität, in der die Schöpfung den ihr würdigen Platz als göttliches Werk einnimmt und uns Menschen hin zu einem Leben ohne Habgier führt; eine Bewegung verstanden als Mobilisierung für ein anderes miteinander Leben und Wirtschaften; eine Bewegung hin zur Realisierung der gemeinsamen Vision von einem guten Leben für alle; eine Bewegung hin zur Schaffung nötiger Strukturen bzw. struktureller Möglichkeiten, um den christlichen Auftrag mit seinen Grundvollzügen erfüllen zu können. Und eine Bewegung hin zu tiefer Ehrlichkeit uns selbst und der und dem Anderen gegenüber, der Ignoranz gewahr werdend, die wir in der christlichen Familie vor dem Schicksal der und des Anderen in anderen Regionen haben, sobald unsere eigene „Komfortzone“ infrage gestellt wird.
Die Herausforderung annehmen
In Laudato Si, in jedem Weltklimabericht und auch im bisherigen synodalen Prozess bis hin zur Zusammenkunft der Bischöfe im Oktober wurden die Folgen benannt, die unser Leben bisher hatte.
Fernab jeder Theatralik sollte jeder Christin/jedem Christen klar sein, dass die Menschheit als Teil der Schöpfung nur als Familie wird überleben kann. Die „Sorge um das gemeinsame Haus“ kann nur miteinander fruchtbar sein. Daher braucht ein Verständnis nicht nur als religiöse, spirituelle Akteurin, sondern auch als politische. Wir kommen nicht weiter ohne maximale Kooperation und ohne ernsten politischen Streit um die Verteilung von Ressourcen, seien es ökonomische oder Machtressourcen: Diese Herausforderung, um die es auf der Amazoniensynode geht, müssen wir ernst- und annehmen, weil wir sonst keine Zukunft haben, nicht als Kirche, nicht als Menschen.
Gefragt sind von uns also eine radikale innere Umkehr, ein bedingungsloser Einsatz für die Menschen und die Schöpfung, eine Glaubens-, Solidar-, Lern- und Weggemeinschaft leben.
Zur Person:
Dr. Anja Appel ist Politikwissenschafterin. Von 2007 bis 2018 war sie bei der Katholischen Frauenbewegung Österreichs tätig. Seit März 2018 ist sie Geschäftsführerin der Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission (KOO).
Dieser Blogbeitrag ist auf der Seite der Diözese Innsbruck erschienen und wird hier mit freundlicher Genehmigung übernommen.